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Ganzheitsmedizin

Der Begriff Ganzheitsmedizin steht für die Integration von universitärer, naturwissenschaftlich ausgerichteter Medizin und Komplementärmedizin unter besonderer Berücksichtigung psychischer und geistiger Aspekte. Er steht als Signal für die Behandlung von Kranken und nicht von Krankheiten sowie für verstärkte Wahrnehmung und Erforschung komplexer und regulativer Prozesse des Organismus auf allen möglichen Erkenntnisebenen (1). Die Ganzheitsmedizin sieht den Menschen in seiner seelisch-körperlichen Gesamtheit und in der Interaktion mit seiner Umwelt und berücksichtigt die Subjektivität und Individualität der Symptome und Reaktionen der Patienten in Diagnose und Therapie. (2)

Quellen:
(1) Springer Lexikon Medizin (2004).
(2) Marktl W: Notwendigkeit eines Dialogs zwischen Schulmedizin und Komplementärmedizin In: Frass, Maier, Reiter (Hrsg.) Grundlagen und Praxis komplementärmedizinischer Methoden (2004).

Patientennutzen

Ganzheitsmedizin ist die ärztliche Kombination von Schul- und Komplementär-medizin. Sie unterstützt den Menschen mit den individuell am besten geeigneten Maßnahmen zur Vorbeugung, Linderung und Heilung von Krankheiten und bietet ein großes Einsparungs-potenzial für das Gesundheitsbudget. Die GAMED (Wiener Internationale Akademie für Ganzheitsmedizin) leistet seit 25 Jahren mit einer Fülle hochqualitativer Aktivitäten zur Aus- und Weiterbildung, Aufklärung und Qualitätssicherung etc. einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung der Ganzheitsmedizin in Österreich.

Die moderne Schulmedizin hat in den letzten Jahrzehnten beachtliche Fortschritte erzielt - allerdings vielfach um einen hohen Preis: Kostenexplosion und Zeitdruck im Gesundheits-system führen häufig zu einer "Fünf-Minuten-Medizin". Viele Menschen fühlen sich damit in ihrer komplexen "Ganzheit" nicht ausreichend betreut. Dies ist in der "Ganzheitsmedizin" anders: Hier werden auch die individuellen Bedürfnisse wahrgenommen und in der Diagnose und Therapiewahl berücksichtigt. Die Nachfrage nach komplementär-medizinischen Methoden steigt daher kontinuierlich: Bereits 70-80 % der österreichischen Bevölkerung bevorzugen eine Kombination aus Schul- und Komplementärmedizin (Karmasin-Umfrage 2011). Zudem zeigen immer mehr Studien, dass die Wirksamkeit komplementärer Therapieverfahren auch nach den modernen Standards der Evidence-based Medicine nachweisbar ist.

Volkswirtschaftlicher Nutzen - Ganzheitsmedizin spart Kosten

Die Ganzheitsmedizin besitzt ein großes Einsparungspotenzial für
das Gesundheitssystem und einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen:

Die Untersuchung einer Schweizer Krankenkasse ergab, dass die Berücksichtigung der Komplementärmedizin vergleichbare Kosten wie die Schulmedizin, jedoch durch eine bessere Arzt-Patienten- Beziehung und geringere Nebenwirkungen eine höhere Kosteneffizienz aufweist (1).

Die Analyse einer niederländischen Versicherung zeigte bei von Hausärzten mit Zusatzausbildung in Homöopathie, Anthroposophie oder Akupunktur behandelten Patientinnen und Patienten eine Kostenersparnis von sieben Prozent durch kürzere Spitalsaufenthalte und geringere Medikamentenkosten (2).

Eine britische Studie zeigte, dass viele komplementäre Methoden bei Krankheiten wirksam sind, in denen die Schulmedizin keine zufrieden stellenden Therapieerfolge erzielen kann. Dazu gehören chronische Krankheiten, Angst, Stress, Depression, Palliativmedizin und Schmerztherapie. Die Einbindung der Komplementärmedizin in das Gesundheitssystem bietet demnach Einsparungsmöglichkeiten von bis zu 30 % der Arztkosten und 50 % der Kosten rezeptpflichtiger Medikamente (3).

Quellen:
(1) Studer HP, Busato A: Comparison of Swiss Basic Health Insurance Costs of Complementary and Conventional Medicine. Forschende Komplementärmedizin 2011;18:315-320.
(2) Kooreman P, Baars EW: Patients whose GP knows complementary medicine tend to have lower costs and live longer. Eur J Health Econ 2011 Jun 22.
(3) Smallwood C: The Role of Complementary and Alternative Medicine in the NHS. An Investigation into the Potential Contribution of Mainstream Complementary Therapies to Healthcare in the UK (2005).

Fazit
Ganzheitsmedizinische Behandlung ist keineswegs mit höheren Kosten verbunden. Gezielte ganzheitliche Gesundheitsvorsorge hilft vielmehr, das Auftreten chronischer Krankheiten zu verzögern oder ganz zu verhindern. Menschen, die kürzer krank bzw. länger gesund sind, haben eine höhere Lebensqualität und sind deutlich leistungsfähiger. Dies ermöglicht eine längere Erwerbsfähigkeit mit deutlichen sozialen und ökonomischen Vorteilen für die Menschen, aber auch für Unternehmen und die gesamte Volkswirtschaft.

Holistische Medizin/ Ganzheitsmedizin

Dieser Begriff signalisiert so wie jener der „Integrativen Medizin“ die Bemühungen, Aspekte mit einzubeziehen, die eine umfassende Genesung ermöglichen sollen. Der Mensch als komplexes Wesen wird in den Mittelpunkt gestellt: „Unter Ganzheitsmedizin beziehungsweise ganzheitlicher Medizin versteht man Schulmedizin und Komplementärmedizin unter Einbeziehung der seelisch-geistigen Komponente.“ (Koch, Unger 1996:35) Der Pschyrembel für Naturheilkunde und alternative Heilverfahren sieht im Begriff Ganzheitsmedizin eine „umgangssprachliche Bezeichnung für eine Medizin, die sich um alle Bereiche des Menschen (insbesondere Körper, Geist und Seele) und seiner Umwelt bemüht [...] und Subjektivität und Individualität [betont]; das biopsychosoziale Modell vom Menschen berücksichtigt auch persönliche Lebensgewohnheiten, Ideale und Wertvorstellungen“ (Pschyrembel 2006: 138). Es stellt sich natürlich die Frage, wie so ein umfassendes Konzept tatsächlich verwirklicht werden kann und ob eine einzelne Berufsgruppe oder Angehörige mehrerer Disziplinen an der Umsetzung dieses holistischen Anspruches arbeiten sollen und können. Eine erste Abgrenzung wird bereits im Pschyrembel getroffen, wenn etablierte Medizinsysteme oder Konzepte wie Ayurveda, Humoralpathologie, Anthroposophische Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin etc., von „esoterische*n+ Spekulationen des New Age und spekulative[n] Übertragungen moderner Physik (z.B. Chaostheorie, Quantenphysik) auf das Gesundheits- und Krankheitsverständnis“ abgegrenzt werden (Pschyrembel 2006: 138). Hinter dem Begriff „Ganzheitsmedizin“ stehen wiederum Intentionen bestimmter Akteure. Der einen Prozess signalisierende Begriff soll nach Marktl

  • Signal für Integration von universitärer, naturwissenschaftlich ausgerichteter Medizin und Komplementärmedizin (Erfahrungsheilkunde) unter besonderer Berücksichtigung psychischer und geistiger Aspekte
  • Signal für die Behandlung von Kranken und nicht von Krankheiten
  • Signal für verstärkte Wahrnehmung und Erforschung komplexer und regulativer Prozesse des Organismus auf allen möglichen Erkenntnisebenen [sein M.N.] (Marktl 2004:19)

Da es hierbei um die Behandlung von Kranken geht, die in Österreich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten ist, ist der Begriff im medizinischen Kontext zu verorten.

Angesichts der Tatsache, dass jeder bisher genannte Begriff problematisch war, sei hier noch erwähnt, inwiefern der Begriff Ganzheitsmedizin aus medizinhistorischer Perspektive Makel aufweist. Zur Zeit des Dritten Reiches suchten die Vertreter der so genannten „biologischen Medizin“ bzw. der „Neuen Deutschen Heilkunde“ eine enge ideologische Bindung zum Regime und waren erfolgreich um dessen Unterstützung bemüht. Nach Kriegsende wurde dann von ebendiesen Personen eine neue Bezeichnung gesucht und in dem Wort „Ganzheitsmedizin“ auch gefunden. Bekannte Vertreter der Vollwertkost – Bewegung und der ganzheitlichen Sicht von Medizin wie Werner Kollath und Max Otto Brucker, deren Bücher noch in den 1980er Jahren neu aufgelegt wurden, sind eindeutig dem rechtsradikalen Lager zuzuordnen. An ihrem Beispiel zeigt sich, dass es nach 1945 keine Zäsur gab, Jütte spricht von „altem Wein in neuen Schläuchen“ (1996: 57), er gibt aber zu bedenken, dass diese Inhalte in der heutigen Ganzheitsmedizin keine Rolle mehr spielen, denn „die meisten Vertreter dieser Richtung dürften sich kaum bewusst sein, dass in diesem Fall die Begriffsgeschichte eindeutig belegt, wie sehr es nach 1945 nicht nur in diesem Bereich keinen Neuanfang, sondern erstaunliche Kontinuitäten gab. Heute ist der Terminus „Ganzheitsmedizin“ immer noch populär und stößt zweifellos bei der sogenannten „Schulmedizin“ eher auf Gegenliebe als der Begriff „Alternativmedizin“ (Jütte 1996: 59). Quelle: http://www.bmg.gv.at/